Meine persönliche Einstellung zum Risiko

Alle, die mich persönlich kennen, wissen dass ich alles andere als ein wilder Hund bin und immer viel mehr auf der vorsichtigen Seite unterwegs bin. Viele, die mich aber nur flüchtig kennen oder vielleicht sogar nur zufällig über meine Webseite gestolpert sind, könnten mich aber auch für einen Adrenalin-Junkie halten. Immerhin fahre ich mit einem Motorrad, das stärker ist als mein erstes Auto, fliege ohne Motor hunderte Kilometer weit und betreibe Kunstflug in meiner Freizeit - Dinge, die von vielen als Hochrisikosportarten gesehen und vielleicht auch verurteilt werden.

 

Natürlich ist das Fliegen gefährlicher als nicht zu Fliegen und das Motorradfahren ist gefährlicher als Autofahren, aber letztendlich hängt es sehr stark davon ab, wie man an die Sache herangeht und wie man sich darauf vorbereitet.

 

Beim Fliegen bestimmt der Pilot zu annähernd 100% das Risiko selbst. Die Wahrscheinlichkeit, dass man von einem anderen Flugzeug getroffen wird, ist zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, aber doch extrem unwahrscheinlich. Die heutigen Flugzeuge sind auch so ausgereift, dass ein technisches Versagen ähnlich unwahrscheinlich ist. Trotzdem passieren gelegentlich Unfälle, zum Teil mit tödlichem Ausgang und einige der Verunglückten habe ich leider auch schon persönlich gekannt. Zwar nur flüchtig und zum Glück waren noch keine Freunde von mir betroffen, aber jeder einzelne ist einer zuviel.

 

Auf der Straße ist das nicht ganz so einfach, weil da auch noch die anderen Verkehrsteilnehmer als unkalkulierbare Komponente dazukommen. Ich bin aber trotzdem überzeugt, dass man als vorausschauender und umsichtiger Fahrer das Risiko zumindest stark verringern kann.

 

Ohne die zweifellos vorhandene Gefahr herunter reden zu wollen stören mich aber Berichte in den diversen Medien über das besonders hohe Risiko der älteren Motorradfahrer zwischen 30 und 60 Jahren. Die veröffentlichten Zahlen werden schon stimmen, sind aber trotzdem schlecht bis gar nicht recherchiert. Wenn sich jemand die Mühe machen würde, dann würde er nämlich auf den typischen Motorradstrecken recht schnell feststellen, dass es praktisch nur mehr Motorradfahrer aus dieser Altersgruppe gibt - warum auch immer. Die Jungen fahren also nicht besser, sondern gar nicht (ok, ein paar einzelne gibt's schon noch) und deswegen können die Unfälle logischerweise auch nur der "gefährdeten" Altersgruppe passieren. Wenn man aber jede Altersgruppe getrennt betrachten würde, dann bin ich überzeugt, dass die älteren Motorradfahrer zumindest nicht schlechter abschneiden würden als die jüngeren.

Die heutigen Motorräder sind trotz enormer Motorleistungen dank der vielen elektronischen Helferlein (ABS, ASR usw.) und den gewaltigen Fortschritten in der Reifen- und Fahrwerkstechnik wesentlich sicherer als jemals zuvor. Die Grundprobleme, wie fehlende Knautschzone, schlechte Erkennbarkeit und dem im Grenzbereich schwierigerem Handling bleiben trotzdem und deswegen passieren immer noch Unfälle und auch hier ist jeder einzelne davon einer zuviel.

 

Ein gewisses Restrisiko wird also bei aller Vorsicht und Vernunft immer bleiben, aber das ist leider im ganzen Leben so, egal ob wir Autofahren, über die Straße gehen, etwas arbeiten oder auf eine Leiter steigen - nur denken die wenigsten darüber nach. Es ist leider eine Unart (vielleicht auch Dummheit) der heutigen Gesellschaft, zu glauben, dass alles im Leben 100% sicher ist und eh nix passieren kann.


Es sollen auch schon Leute zuhause im Bett verstorben sein oder wie ein sehr umsichtiger Mensch, den ich sehr schätze, immer gesagt hat: "Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben".

Die 5 gefährlichen Grundhaltungen

Gerade durch die Fliegerei habe ich einiges über Gefahren, Risiko und die Einstellung dazu gelernt und mich relativ intensiv damit beschäftigt. Nachdem das fast ausschließlich vom Menschen ausgeht, wird das in der Fliegerei auch unter dem Begriff "Human Factors" zusammengefasst.

 

Die meisten gefährlichen Situationen und Unfälle passieren aus menschlichem Fehlverhalten, das auf die folgenden Gründe zurückzuführen ist:

  • Impulsivität
    "Schnell, schnell ..."
  • Antiautoritär/Disziplinlosigkeit
    "Erzähl mir nichts"
  • Selbstüberschätzung/Imponiergehabe
    "Das pack’ ich schon"
  • Resignation
    "Da kann man eh nichts machen"
  • Gefühl der Unverletzbarkeit
    "Mir passiert so etwas nicht"

Jede einzelne dieser gefährlichen Grundhaltungen steckt mehr oder weniger ausgeprägt in jedem von uns und wer das nicht glaubt, ist am meisten gefährdet, weil er sich der Gefahr, die durch ihn selbst ausgeht, gar nicht bewussst ist.

 

In der Praxis ist es aber gar nicht so einfach, zu erkennen, dass man gerade wegen dieser (absolut menschlichen) Eigenschaften in eine gefährliche Situation geraten könnte und dann hilft nur mehr Glück, das aber meistens eh erstaunlich zuverlässig funktioniert.

 

Gefeit vor diesen gefährlichen Grundhaltungen ist niemand und wohl jeder hat beim Autofahren schon Schrecksituationen erlebt, die bei genauerer Betrachtung darauf zurückzuführen sind. Je mehr ich mich aber damit befasse und je ehrlicher ich zu mir selbst bin, umso öfter und zuverlässiger erkenne ich auch, wenn ich in solche Situationen gerate.

Können, Grenzen und Risiko

Ein Kunstflug wird für die Besucher eines Flugtages wahrscheinlich spektakulär, schwierig, gefährlich und riskant aussehen. Der Zuschauer sieht aber nicht, dass sich der Pilot mit vielen Trainingsflügen, über einige Jahre und durch die intensive Beschäftigung mit der Materie darauf vorbereitet hat.

 

Die gezeigten Kunstflugmanöver sind zweifellos schwierig, aber ein verantwortungsbewusster Pilot wird gerade bei solchen Showflügen eben nicht bis an seine persönlichen Grenzen gehen. Riskant wird es erst dann, wenn man an seine Grenzen oder darüber hinaus kommt. Entscheidend dabei ist, dass jeder abhängig von seinem jeweiligen Können auch seine eigenen persönlichen Grenzen hat. Was also für den einen riskant ist, weil es weit über seinen eigenen Grenzen ist, ist für einen anderen vielleicht noch völlig ungefährlich, weil er noch weit von seinen Grenzen entfernt ist.

 

Fragt sich also nur, wie man sein Können steigern kann, ohne dabei seine Grenzen zu überschreiten. Ich habe zumindest in der Kunstfliegerei das Glück gehabt, dass ich einerseits immer wirklich gute Lehrer gehabt habe und andererseits auch ein doppelsitziges Hochleistungsflugzeug, das dafür bestens geeignet ist. Wirklich dumm ist nur derjenige, der glaubt, dass er von anderen nichts mehr lernen könnte - aber damit sind wir wieder bei den gefährlichen Grundhaltungen.